Ganz dünnes Eis

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Der Rat hat sich am Mittwoch ganz weit auf dünnes Eis hervorgewagt und gegen den Standpunkt von CDU und Bürgermeister differenzierte Hebesätze für die Grundsteuer B beschlossen.

Der Rat hat sich am Mittwoch ganz weit auf dünnes Eis hervorgewagt und gegen den Standpunkt von CDU und Bürgermeister differenzierte Hebesätze für die Grundsteuer B beschlossen. 

 

Zum Hintergrund: 

 

Die Grundsteuer B stützt sich auf zwei Säulen: 

  • dem vom Finanzamt festgesetzten Einheitswert und Messbetrag des Grundstücks und
  • dem von der Kommune festgesetzten Hebesatz

 

Das Bundesverfasssungsgericht hatte 2018 entschieden, dass die bis dato gültige Verwendung der Einheitswerte durch das Finanzamt verfassungswidrig war. 

Bis 2022 haben die Finanzämter die Grundstücke daher neu bewertet. 

 

Dies führt zu teils erheblichen Abweichungen nach oben oder nach unten beim Grundsteuerwert, auf den der Hebesatz angewendet wird.  Tendenziell wird es für Einfamilienhäuser teurer und für Mietshäuser und Geschäftsgrundstücke billiger. Jeder Bürger kann durch Blick in seinen alten Grundsteuerbescheid der Stadt und den neuen Bescheid vom Finanzamt die Änderungen für sein Grundstück erkennen. 

 

Über alle Grundstücke gemittelt sinkt der Grundsteuermessbetrag in Bergneustadt, daher muss die Stadt für die gleichen Einnahmen wie zuvor mit 959% nun 1248% veranschlagen. 

 

Alle Änderungen, die der Bürger bei diesem Modell erfährt, sind damit ausschließlich auf die Änderungen des Finanzamtes zurückzuführen.

 

Der damalige Bundesfinanzminister Scholz hat das Modell der differenzierten Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke entwickelt, das das Land NRW übernommen hat. 

 

Die CDU Bergneustadt begrüßt grundsätzlich diesen Ansatz, da dadurch das Wohnen weniger benachteiligt wird, als durch einheitliche Hebesätze. 

 

Rechtlich bedenklich ist aber die Begründung, die hier ggf. vor dem Verfassungsgericht standhalten muss. Kernpunkt ist die Frage, ob die Kommunen die vom Verfassungsgericht angeordnete Neubewertung der Grundstücke durch ihre Hebesatzsatzung aushebeln dürfen und mit welcher Rechtfertigung sie sich für welche Differenzierung entschieden hat.

 

Zum Klagerisiko hat der Städtetag ein Gutachten (https://www.staedtetag-nrw.de/files/nrw/docs/Presse/2024/Staedtetag-NRW-Gutachten-Hebesatzdifferenzierung.pdf) in Auftrag gegeben und der Städte- und Gemeindebund hat dringend empfohlen, die differenzierten Hebesätze nicht anzuwenden. 

 

 

Bei einer Klage gegen die differenzierten Hebesätze trägt die Stadt das Prozesskostenrisiko (und nicht das Land oder der Bund, auf dessen Gesetze sich die Hebesätze stützen). Zudem besteht auch das Risiko der Unwirksamkeit der Grundsteuerbescheide und damit das Risiko von Einnahmeausfälle in Millionenhöhe für die Stadt. 

 

Aufgrund der Haushaltssicherung, in der wir uns mit der Verabschiedung des Haushaltes 2025 befinden, können diese Ausfälle nicht über Kredite gedeckt werden, sondern müssen 1:1 an den Bürger weitergegeben werden.

 

Im Klartext: Verliert Bergneustadt eine Klage, muss Grundsteuer zurückgezahlt oder kann nicht eingefordert werden und der Bürger muss die Kosten mit Prozesskosten und Zinsen doppelt und dreifach zurückzahlen!

 

Aus dem Grund haben sich 235 von 280 Gemeinden für den einheitlichen Satz entschieden und dafür, die Rechtsprüfungen abzuwarten. 

 

Die CDU sieht dies nach intensiver Prüfung genauso.

 

Die Ratsmitglieder aber, die am Mittwoch gegen besseres Wissen gegen den einheitlichen Satz und für die differenzierten Sätze gestimmt haben, vertreten eine Minderheitsmeinung, die 280 mal intensiv von Räten und Verwaltungen mit großen juristischen Abteilungen geprüft und mit überwältigender Mehrheit verworfen wurden.

 

Sie führen Bergneustadt mitten in den Kanonendonner und den Pulverdampf, der sich nach der Erschütterung der Grundfesten der Grundsteuer durch das Verfassungsgericht und Finanzämter nun über dem Land ausbreiten wird.

 

Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. 

 

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